IEC 61914

Erläuterungen zu IEC 61914 Kabelhalter für elektrische Installationen

1. Anforderungen an den Hersteller

Die IEC 61914 verlangt vom Hersteller der Kabelschellen Typenprüfungen der mechanischen und elektro-dynamischen Eigenschaften, der UV- und Korrosionsbeständigkeit sowie Flammprüfungen. Diese Typenprüfungen müssen von akkreditierten Prüfinstituten durchgeführt werden.

Nach dieser Norm zertifizierte Kabelschellen müssen so konstruiert und gefertigt sein, dass eine sichere Handhabung und sicheres Halten für Kabel und Leitungen konform der unten erläuterten Klassifizierung des Herstellers gegeben ist.

Die Prüfungen erfolgen an spezifischen Schellen jeder Baureihe, wobei die Schellen nach unterschiedlichen Eigenschaften klassifiziert werden.

2. Klassifizierung (nach Paragraph 6 der Norm)

Werkstoff (6.1)

Metallisch 6.1.1

Nicht metallisch 6.1.2

Gemischtbauweise 6.1.3

Temperatur (6.2)

Minimale Temperatur

Maximale Temperatur

Schlagfestigkeit (6.3)

Sehr leicht 6.3.1

Leicht 6.3.2

Mittel 6.3.3

Schwer 6.3.4

Sehr schwer 6.3.5

Art der Kabelrückhaltung (6.4)

Seitliche Rückhaltung 6.4.1

– in x-Richtung
– in y-Richtung

Axiale Rückhaltung 6.4.2

Widerstand gegenüber elektromechanischen Kräften (Kurzschlüsse):

Geeignet, einem Kurzschluss zu widerstehen 6.4.3

Geeignet, mehreren Kurzschlüssen zu widerstehen 6.4.4

Reaktion auf Umwelteinflüsse (6.5)

UV-Licht*1 6.5.1

Korrosion/ Salzsprühnebel*2 6.5.2

 

Deklariert

Nicht deklariert

Niedrig

Hoch

Flammwidrigkeitsprüfung (10.1)

Nicht bestanden

Bestanden

Induktive Erwärmung (12.2)

Deklariert*3

*1 nur bei nicht metallischen Kabelschellen oder Kabelschellen in Gemischtbauweise
*2 nur bei metallischen Kabelschellen oder Kabelschellen in Gemischtbauweise
*3 nur bei ferromagnetischen Kabelschellen

3. Kennzeichnung der Kabelschellen

Weiterhin sieht die IEC 61914 eine Kennzeichnung der Kabelschellen und Dokumentation (7) der Ergebnisse der Prüfungen vor.

Die Kennzeichnung soll folgende Informationen beinhalten (7.1):

Name /
Handelsname / Logo
Produktkennzeichnung /
Typkennzeichnung


Dabei soll die Dauerhaftigkeit und Lesbarkeit sichergestellt sein (7.2).

Bei der Konstruktion sowie Fertigung der Kabelschellen ist sicherzustellen, dass die Kabelschellen frei von
scharfen Kanten, Graten usw. sind, um eine Beschädigung der Kabel und / oder Leitungen sowie eine
Verletzung des Montagepersonals und der Betreiber zu vermeiden (8).

4. Zur Klassifzierung erforderliche Prüfungen

4.1 Mechanische Prüfungen

Versuch zur Schlagprüfung

Die Schlagprüfung dient dem Nachweis der vom Hersteller angegebenen minimalen Betriebstemperatur sowie der Schlagfestigkeit der Schelle.
Schlagprüfungen an nicht metallischen Kabelschellen und Kabelschellen in Gemischtbauweise werden nach der Vorkonditionierung in einer UV-Kammer für 700 Stunden (29 Tage) bei der vom Hersteller angegebenen minimalen Betriebstemperatur durchgeführt.

Minimale Temperatur
(°C)
+5
–5
–15
–25
–40
–60

Bei metallischen Kabelschellen erfolgt die Prüfung bei Umgebungstemperatur.

Die Schlagenergie des Hammers ist entsprechend der Klassifzierung in folgender Tabelle angegeben:

KlassifzierungSchlagenergie
(J)
Äquivalente Masse
(kg)
Höhe
(mm)
Sehr leicht0,50,25200
Leicht1,00,25400
Mittel2,00,5400
Schwer5,01,7300
Sehr schwer20,05,0400

Nach der Prüfung dürfen die Kabelschellen keine Anzeichen von Zerstörung aufweisen, kein Bruch oder Beschädigung darf sichtbar sein. Im Zweifelsfall müssen mit diesen Kabelschellen Prüfungen bei seitlichen Belastungen (9.3) durchgeführt werden.

Vom Hersteller anzugebende Dokumentation:
Die erreichte Klassifzierung für jede Baureihe bei der minimalen Betriebstemperatur ist vom Hersteller in seinen Unterlagen zu dokumentieren (gegebenenfalls mit Angabe der Drehmomente der Befestigungsschrauben).

4.1.2 Prüfung der seitlichen Rückhaltung (9.3)

Die seitlichen Zugprüfungen dienen dem Nachweis der vom Hersteller angegebenen maximalen Betriebstemperatur sowie der maximalen seitlichen Rückhaltekräfte (N) der Schellen jeder Baureihe.

Diese Prüfungen müssen an nicht metallischen und Kabelschellen in Gemischtbauweise mit der vom Hersteller angegebenen maximalen Betriebstemperatur durchgeführt werden.

Bei metallischen Kabelschellen erfolgt die Prüfung bei Umgebungstemperatur.

Die Zugprüfung muss mit Prüfdornen, die dem jeweils kleinsten für die Kabelschelle vorgesehenen Durchmesser entsprechen, durchgeführt werden. Die seitliche Zugprüfung erfolgt in zwei Richtungen:

Maximale Temperatur
(°C)

+ 40
+ 60
+ 85
+ 105
+ 120

Versuchsaufbau zur Prüfung der seitlichen Rückhaltung in x-Richtung

Versuchsaufbau zur Prüfung der seitlichen Rückhaltung in y-Richtung

Bei nicht metallischen und Kabelschellen in Gemischtbauweise muss für die Dauer von 60 Minuten die maximale Zugkraft (N) gehalten werden.
Für metallische Kabelschellen ist eine Dauer von 5 Minuten festgelegt.
Die maximale Auslenkung des Prüfdorns muss < 50 % des Prüfdorndurchmessers sein.

Vom Hersteller anzugebende Dokumentation:
Die maximalen seitlichen Rückhaltekräfte (N) für jede Baureihe sind bei der maximalen Betriebstemperatur vom Hersteller in seinen Unterlagen zu dokumentieren (gegebenenfalls mit Angabe der Drehmomente der Befestigungsschrauben)

4.1.3 Prüfung der axialen Rückhaltung (9.4)

Die axialen Zugprüfungen dienen dem Nachweis der vom Hersteller angegebenen maximalen Betriebstemperatur sowie der maximalen axialen Rückhaltekräfte (N) der Schellen jeder Baureihe.
Diese Prüfungen müssen an nicht metallischen und Kabelschellen in Gemischtbauweise bei der vom Hersteller angegebenen maximalen Betriebstemperatur durchgeführt werden.


Bei metallischen Kabelschellen erfolgt die Prüfung bei Umgebungstemperatur.
Die Zugprüfung muss mit Prüfdornen, die dem jeweils kleinsten, für die Kabelschelle vorgesehenen Durchmesser entsprechen durchgeführt werden.

Maximale Temperatur
(°C)
+ 40
+ 60
+ 85
+ 105
+ 120

Versuchsaufbau zur Prüfung der axialen Rückhaltung

Bei allen Materialien der Kabelschellen muss die maximale Zugkraft (N) für eine Dauer von fünf Minuten gehalten werden.
Nach der Prüfung darf die Verschiebung des Prüfdorns bezogen auf die Kabelschelle nicht mehr als 5 mm betragen.

Vom Hersteller anzugebende Dokumentation:
Die maximalen seitlichen Rückhaltekräfte (N) für jede Baureihe sind bei der maximalen Betriebstemperatur vom Hersteller in seinen Unterlagen zu dokumentieren (gegebenenfalls mit Angabe der Drehmomente der Befestigungsschrauben)

4.2 Elektrodynamische Prüfungen

4.2.1 Prüfung des Widerstands gegenüber elektromechanischen Kräften (9.5)

Die Kurzschussprüfungen dienen dem Nachweis der vom Hersteller angegebenen maximalen dynamischen Kurzschlussfestigkeit der Schellen jeder Baureihe.
Die Kurzschlussprüfungen werden an einem Schellentyp jeder Baureihe durchgeführt.

Bündelschellen mit Sicherheitsschelle

Einzelschellen mit Sicherheitsschelle

Bündelschellen vor dem Versuch

Einzelschellen vor dem Versuch

An einer Kabelstrecke mit fünf Schellenpositionen in gleichen Abständen (D) werden folgende Anordnungen unterschieden:

Drei Kabel in Parallelverlegung mit Einzelschellen

Drei Kabel im Dreiecksverband mit Bündelschelle

Die Prüfung muss für die jeweilige Anordnung bei dem vom Hersteller festzulegenden maximalen Stoßkurzschlussstrom (ip) bei einem dreiphasigen Kurzschluss durchgeführt werden.
Dabei ist eine Seite der Kabelstrecke an eine dreiphasige Spannungsversorgung und das andere Ende an eine alle drei Phasen kurzschließende Stromschiene angeschlossen.

Die Maximale Kraft am Leiter ergibt sich aus: 
 

F = maximale Kraft am Leiter (N/m)
ip = maximale Stoßkurzschlussstrom (kA)
s = Kabelmittelabstand zwischen zwei benachbarten Leitern (m)

Der vom Hersteller festzulegende maximale Stoßkurzschlussstrom (ip) errechnet sich aus:

 

Fs= maximale dynamische Kraft an der Kabelschelle (N)
D = maximaler Abstand zwischen zwei benachbarten Kabelschellen (m)

Anmerkung:
Bei der Festlegung des Schellenabstandes (
D) ist unbedingt darauf zu achten, dass die maximale zulässige Ausbiegung der Kabel nach Angaben des Kabelherstellers im Kurzschlussfall nicht überschritten wird!
Um für den Anwender realistische Werte darzustellen, sollte der Hersteller bei den Kurzschlussversuchen mit praxisbezogenen Werten für den Kabelschellenabstand und Kurzschlussstrom prüfen.

Die Klassifzierung unterscheidet zwischen der Eignung der Kabelschellen, einem (6.4.3) oder mehreren (6.4.4) Kurzschlüssen zu widerstehen.

Geeignet, einem Kurzschluss zu widerstehen (6.4.3)

Bündelschellen nach dem 1. Versuch

Einzelschellen nach dem 1. Versuch

Nach erfolgtem Kurzschluss:

  • dürfen keine Fehler auftreten, welche die vorgesehene Funktion der Kabelschellen beeinträchtigen
  • die Kabelschellen müssen intakt und ohne Beschädigungen sein
  • keine Einschnitte oder Schäden des äußeren Kabelmantels dürfen aufgetreten sein

Geeignet, mehreren Kurzschlüssen zu widerstehen (6.4.4)

Nach dem ersten Kurzschluss und ohne Beschädigungen oder Fehlern an den Kabeln und Kabelschellen erfolgt auf dieselbe Anordnung ein zweiter Kurzschluss mit dem gleichen Stoßkurzschlussstrom.
Auch danach müssen die Kabelschellen und Kabel den gleichen Anforderungen in Bezug auf Beschädigungen und Fehlern genügen.
Bei 1 kV-Kabeln wird eine Spannungsprüfung durchgeführt.

 

Vom Hersteller anzugebende Dokumentation (7.3)

  • der maximale Stoßkurzschlussstrom ip (kA)
  • der Anfangs-Kurzschlusswechselstrom I"K (kA)
  • der in der Kurzschlussprüfung verwendete Kabelaußendurchmesser (m)
  • der Kabelmittenabstand S (m)
  • der maximale Kabelschellenabstand D (m)

Anmerkung:
Um dem Anwender aufwendige Berechnungen zur Ermittlung der Belastbarkeit der Schelle zu ersparen, sollten vom Hersteller unbedingt die zulässige maximale dynamische Kurzschlussfestigkeit (N) der Schellen (FS) und die Drehmomente der Befestigungsschrauben angegeben werden.

4.3 Flammwidrigkeitsprüfung (10)

Die Flammwidrigkeitsprüfung dient dem Nachweis der Flammwidrigkeit des vom Hersteller eingesetzten Materials.


Versuchsaufbau zur Flammwidrigkeitsprüfung
Die Kabelschellen werden für 30 Sekunden einer Brandprüfung mit der Nadelflamme ausgesetzt (10.1).
Es dürfen keine Flammen sowie keine Glut auftreten oder die Flammen erlöschen innerhalb von 30 Sekunden nach Entfernen der Nadelflamme.
Weiterhin darf sich die Seidenpapierunterlage nicht entzünden.

Vom Hersteller anzugebende Dokumentation: Der Hersteller hat in seinen Unterlagen zu dokumentieren, ob die Kabelschellen flammwidrig sind oder nicht.

4.4 Prüfung der Reaktion auf Umwelteinflüsse (11)

4.4.1 Prüfung der UV-Beständigkeit (11.1)

Die UV-Prüfung dient dem Nachweis der UV-Beständigkeit des vom Hersteller eingesetzten Materials.
Die kleinsten und größten Kabelschellen jeder Baureihe werden für 700 Stunden (29 Tage) unter den in der IEC laut 11.1 beschriebenen Bedingungen mit UV-Licht bestrahlt.
Nach der UV-Aussetzung dürfen die Kabelschellen keine Anzeichen von Zerstörung, Bruch oder Beschädigung aufweisen.
Anschließend müssen die Kabelschellen die Schlagprüfung (9.2) bei der angegebenen minimalen Dauerbetriebstemperatur bestehen.

Vom Hersteller anzugebende Dokumentation:
Der Hersteller hat in seinen Unterlagen zu dokumentieren, ob die Kabelschellen UV-beständig sind
oder nicht.

4.4.2 Prüfung der Korrosionsfestigkeit (11.2)

Die Prüfung der Korrosionsfestigkeit dient dem Nachweis der Korrosionsbeständigkeit des vom Hersteller eingesetzten Materials. Metallische und Kabelschellen in Gemischtbauweise müssen über ausreichende Korrosionsfestigkeit und Beständigkeit gegen Salzsprühnebel verfügen. Die entsprechenden Prüfungen sind in der Norm unter 11.1 und 11.2 beschrieben.
Für nicht metallische Kabelschellen entfallen diese Prüfungen.

Vom Hersteller anzugebende Dokumentation:
Der Hersteller hat in seinen Unterlagen zu dokumentieren, ob die Kabelschellen korrosionsfest sind oder nicht

4.5 Prüfung Induktive Erwärmung (12.2)

Beim Einsatz von ferromagnetischen Werkstoffen besteht die Gefahr der induktiven Erwärmung der Kabel durch Wirbelströme.
 

Vom Hersteller anzugebende Dokumentation:
Ein entsprechender Warnhinweis muss vom Hersteller angegeben werden.